Nun also doch! Die Bundesregierung hat sich auf die Einführung des so genannten Lieferkettengesetzes geeinigt.
Wer ist betroffen?
Die schätzungsweise 600 Unternehmen in Deutschland, die mehr als 3.000 Menschen beschäftigen, werden ab Januar 2023 von der neuen Regelung betroffen sein. Ab dem Jahr 2024 kommen weitere ca. 2.900 Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten dazu. Hier bleibt abzuwarten, wie die Definition von „Unternehmen“ genau vorgenommen wird. Den üblichen Größenklassen folgend wäre der Mittelstand auch in der zweiten Stufe nicht vom Lieferkettengesetz betroffen. Allerdings sollte geprüft werden, welche Auswirkung eine Zugehörigkeit zu einer Unternehmensgruppe hat, die konsolidiert die Grenzwerte überschreitet.
Was ist das Ziel?
Genug Zeit also, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen und zu prüfen
welche Lieferbeziehungen betroffen sein könnten,
sich ein Bild von den Arbeitsbedingungen vor Ort zu verschaffen
und zu prüfen, ob ein ausreichender Schutz der Beschäftigten gewährleistet ist.
Die Liste der möglichen Problemfelder ist lang. Beispiele sind Minen für Kobalt oder sogenannte Seltene Erden im Kongo, Textilfabriken in Bangladesch oder die Abholzung von Regenwald für Autoleder, in deren Zusammenhang der Automobilhersteller BMW vor einigen Monaten in die Kritik geraten war.
Wie weit reicht die Verantwortung?
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass deutsche Unternehmen zunächst für das eigene Handeln und für ihre direkten Zulieferer verantwortlich gemacht werden können. Liegt ein Hinweis auf einen Verstoß vor, kann die Sorgfaltspflicht auch darüber hinaus auf die vorgelagerte Lieferkette ausgeweitet werden.
Welche Konsequenzen drohen?
Die Einhaltung des Lieferkettengesetzes soll vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) überwacht werden. Die Bafa ist bereits heute über die Themen Embargos, Sanktionen und Ausfuhrkontrollen mit den internationalen Aktivitäten deutscher Unternehmen vertraut. Bei Verstößen müssen Unternehmen zwar nicht mit einer zivilrechtlichen Haftung rechnen. Es ist aber vorgesehen, dass außer Bußgelder auch ein Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen vorgenommen werden kann. Allerdings fehlen noch Details über genau Definition dessen, was tatsächlich als Verstoß gewertet werden kann.
Was ist zu tun?
Wie in allen Compliance-Themen gilt: Ruhe bewahren und zunächst das Risiko einschätzen. Darauf aufbauend können geeignete Maßnahmen getroffen werden. Ein bereits bestehender Prozess zur Vertragspartnerprüfung kann eine gute Basis für die Vorbereitung auf das Lieferkettengesetz bilden. Gibt es diesen nicht, ist eine Implementierung nun dringend geboten.
Nicht empfehlenswert wäre aus jetziger Sicht, die oben genannten Größenordnungen als Veranlassung zu nehmen, das Thema komplett aus dem Auge zu verlieren. Einerseits könnte eine Konzernzugehörigkeit betrachtet werden müssen, andererseits sind weitere Verschärfungen im Laufe der Zeit möglich. Und unabhängig von gesetzlichen Regelungen und Grenzwerten, ist der Reputationsverlust, der durch die Missachtung von Menschenrechten in der eigenen Lieferkette entstehen kann, ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Sie brauchen Unterstützung bei der Vorbereitung Ihres Unternehmens? Sprechen Sie mich gerne an!
Hattingen, 13.02.2021
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